Friday 26 July 2013

Regenzeit und Alltagsprobleme

Wie man unschwer an der verringerten Blogfrequenz erkennen kann ist Internetzugang auch im Süden von Laos eine Rarität, zumindest abseits der dünn gesähten Touristenhotspots. Geschweige denn ein einigermassen schneller. Somit wird schon das Bloggen selbst fast zu einem Abenteuer.

In den ersten zwei Monaten unserer Reise haben wir nicht viel von einer sich anbahnenden Regenzeit gemerkt. Wie hofften wir doch immer auf ein bisschen Abkühlung von oben. Zum Teil nahmen uns Einheimische alle Hoffnung. Sie meinten, dass es in den letzten paar Jahren die drei klassischen Jahreszeiten cold (ca. November bis März), hot (ca. März bis Mai) und rainy season (ca. Mai bis November) gar nicht mehr wirkich gegeben habe. Stattdessen sei es vor allem in den südlichen Landesteilen immer sehr warm gewesen und in der Regenzeit habe es zu wenig oder aber zu viel auf einmal geregnet (= Überschwemmungen). Das Klima verändere sich definitiv...

Überschwemmte Wiesen und gut gefüllte Reisfelder. Unten: Fischer am Zusammenfluss von einem klaren Seitenarm mit dem braunen Mekong.

Da dies ja unser erstes Mal in Südostasien ist haben wir zwar keine Referenz aber wir können bilanzieren, dass sich die Regentage in den letzten drei Wochen definitiv häufen. Wenn es dazu noch gewittert ist die Wahrscheinlichkeit eines Stromausfalls nahe bei 100 %. Nach einer stürmischen Nacht sieht man die ganze Bevölkerung mit Stirnlampen auf den Beinen. Wir halten sie nun auch immer Griffbereit. Entgegen den Erwartungen regnet es jedoch meist zwischen Abend und Vormittag. Selten lange aber wenn es kommt dann richtig und aus heiterem Himmel. Als die Wolken westlich von uns schon bedenklich schwarz sind und wir uns wundern warum es noch nicht regnet hören wir plötzlich ein Rauschen vor uns. Zuerst begreifen wir gar nicht was geschieht und wundern uns wo dieser Fluss wohl sein mag. Und dann sehen wir eine Wasserwand in ca. 40 m Entfernung, die sich rasend schnell auf uns zubewegt. Wir haben gerade genügend Zeit um die Ponchos hochzureissen bevor wir unter der Dusche stehen. Und nicht etwa eine mit Druckminderer sondern eine voll aufgedrehte Tropendusche bei 4 bar. Innert kürzester Zeit ist die Strasse ein Fluss und wir wissen nicht ob das Wasser nun von oben oder unten in die Schuhe läuft. Auf jeden Fall gurgelt und pflotscht es bei jedem Schritt und unsere Füsse sehen bis am Abend bedenklich runzlig aus.

Ellys Füsse nach einem halben Tag in nassen Wanderschuhen...

Als wir ein paar Tage später das Geduldsspiel gegen Petrus verlieren (er hörte einfach nicht auf mit Wasserschöpfen) kommen wir von unserem Westlerdenken ab und tun es den Laoten gleich. Wir ziehen die Wanderschuhe aus und montieren die Flipflops. Wenn man die Nässe nicht draussen halten kann sollte man zumindest dafür sorgen, dass sie schnell wieder abfliesst. So marschieren wir 15 km im laotischen Nationalschuhwerk bis der Regen nachlässt. Und es ist zugegeben eine Wohltat wieder in unsere gewohnten Treter zu schlüpfen, die jedem Quadratmillimeter des Fusses angepasst sind.

Das Video täuscht, die Wassermassen sind in Realität viel grösser doch es vermittelt zumindest einen Eindruck...

Vielleicht haben sich schon einige gefragt wie es sich mit den Alltagsdingen wie zum Beispiel aufs Klo gehen auf so einer langen Wanderung, zum Teil sehr abseits der Zivilisation, verhält. Die Antwort liegt natürlich auf der Hand, man improvisiert. Meistens müssen dann Büsche hinhalten. Sehr oft muss man jedoch sowieso nicht weil der Körper die wenige Nahrung sehr effizient verbraucht und die Flüssigkeit fast ausschliesslich ausschwitzt.

Links: Viele grüne Toiletten im Hintergrund. Rechts: Typisches Häuschen im ländlichen Laos (bietet Platz für ganze Familien). Auf die Frage nach einer Toilette wird auch hier auf die Büsche verwiesen...

Vor ein paar Tagen erwischte es mich und ich musste mal gross. Aus immer noch unerklärlichen Gründen urplötzlich und sehr dringend, sodass ich beim Erspähen der nächsten Lücke im Buschwerk zielstrebig auf sie zurannte, den Rucksack abwarf, hinein hechtete und mich erleichterte. Das wohlige Gefühl hielt aber nicht lange an. Kaum aus dem Grün geklettert fasse ich meinen Rucksack an und habe meine Finger im Haufen eines anderen (Mensch oder Tier weiss ich nicht so genau). In der Hektik habe ich vergessen die Landezone des Gepäcks zu inspizieren und nun hatte ich die Sch......ande. Alles war voll und stinkte fürchterlich. Ich versuchte mein treuer Begleiter so gut wie möglich zu Reinigen, doch ohne Wasser und Seife war das eine noch grössere Sauerei. So fand ich mich damit ab für die letzten 15 km mit braun olivem (statt blauem) Rucksack und in einer Wolke von verrottetem Fisch, Kläranlage und Kompost zu wandern. Und meinte zu sehen, dass nicht nur die Menschen sondern selbst die Hunde die Nase rümpften wenn wir an ihnen vorbei zogen. Aber wir haben wieder etwas gelernt: egal wie eilig du es hast, stelle nie den Rucksack unbedacht an den Strassenrand...

Zwei Tage später musste ich mit ganz anderen Problemen kämpfen. Ich hatte Kopfschmerzen, fühlte mich schwach und fiebrig. Das Thermometer meinte zwar nur 37.2 Grad (was ziemlich sicher Dengue und womöglich auch Malaria ausschloss) doch ich konnte mir nicht vorstellen zu wandern. Daher legten wir einen ausserplanlichen Ruhetag ein um die Situation ein wenig zu beobachten. Am nächsten Morgen fühlte ich mich zwar immer noch nicht gut doch die Temperatur schien OK. Im Wissen, dass es mit dem Visum ohnehin schon knapp wird setzten wir unsere Wanderung fort. 34 km schafften wir doch sie zogen an mir vorbei als ob sich eine Mattscheibe zwischen mich und die Realität geschlichen hätte. Nochmalige 35 km am nächsten Tag verlangten mir alles ab und ich pflatschte nur noch ins Bett. Mein Kopf wurde immer heisser. 38 Grad. Über der Grenze bei der man über Malaria nachdenken sollte. Verdammt!
Fieber messen - not happy...

Langsam machte ich mir Sorgen. Ob wir die ca. 180 km bis Pakse fahren sollen? Ich fühlte mich nicht im Stande diese zu gehen und die Gesundheit hat oberste Priorität. Zumal unser Körper auch das Fortbewegungsmittel sind. Auf der anderen Seite war das Projekt, das mir mittlerweile sehr ans Herz gewachsen ist. Der Gedanke die Spender und die Menschen, denen wir helfen wollten, im Stich zu lassen wenn wir fahren schlich sich immer wieder an. Zudem war es auch unser Traum Laos zu Fuss zu durchqueren. Ein Wirrwarr in meinem Kopf. Schlussendlich fällte ich einen extrem schwierigen Entscheid: falls es bis am Morgen nicht besser ist fahre ich und gehe zum Arzt. Einzig der Gedanke wenigstens über 70 km gekämpft und es versucht zu haben spendete ein wenig Trost. In dieser Nacht schlief ich extrem tief. Am Morgen: ich fühlte mich erholt, 36.2 Grad. Durch wundersame Weise war alles verschwunden und ich war extrem erleichtert. Um nichts zu überstürzen planten wir nur ca. 10 km ein. Doch seither läuft der Motor wieder wie geschmiert und wir sind mittlerweile zu Fuss bis 60 km vor Pakse gekommen nachdem heute (wieder einmal) einen Marathon auf dem Programm stand...

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